GERAS-Preis 2019 "Kunst und Kultur als Schlüssel zur Teilhabe von Menschen in Pflegeeinrichtungen"

Das Lehmbruckmuseum bietet spezielle Führungen für Menschen mit Demenz an und unterstützt die künstlerische Arbeit mit und für Menschen mit Demenz. Frau Kornelia Folk vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend betonte in ihrer Begrüßung, wie wichtig eine Teilhabe am kulturellen öffentlichen Leben für Menschen mit Demenz ist. Sie kann einer Isolation entgegenwirken, die eigene Identität und auch noch vorhandene Fähigkeiten stärken. Sie wies auf die Freischaltung der Internetseite der Netzwerkstelle "Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz" hin und betonte, dass es ein besonderes Anliegen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist, darüber den Kontakt zu den Netzwerken zu behalten und die wertvolle Arbeit vor Ort sichtbar zu machen.
 

Diese wertvolle Arbeit vor Ort sichtbar machen, das möchte auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) mit der Verleihung des GERAS-Preises. Sie würdigt damit seit 2016 Menschen und Initiativen, die in vorbildlicher Weise dazu beitragen, dass das Leben von Menschen im Alten- und Pflegeheim lebenswerter wird. Durch die Kooperationen von Pflegeheimen mit Museen und Theatern oder durch musikalische Angebote sind vielerorts interessante Ansätze entwickelt worden. Sie eröffnen den Bewohnerinnen und Bewohnern Möglichkeiten des Ausdrucks und des sinnlichen Erlebens.

Franz Müntefering, Vorsitzender der BAGSO, überreichte den glücklichen Gewinnerinnen und Gewinnern ihre Preise und erläuterte, was Kunst und Kultur als Schlüssel zur Teilhabe von Menschen in Pflegeeinrichtungen bedeuten könne. "Offene Ateliers, Musik- und Theaterprojekte schaffen neue Räume der Begegnung, des kreativen Gestaltens und des gemeinsamen Austausches - auch im Bereich der nonverbalen Kommunikation. Manchmal holen sie verlorengeglaubte Fähigkeiten und Fertigkeiten wieder hervor."

Die eingereichten Initiativen reichten von Museums- über Theaterprojekte bis hin zu Malerei, Tanz, Konzerten und Chören. Eine fünfköpfige Fachjury wertete die Beiträge aus und entschied über die Vergabe des Preisgeldes von insgesamt 5.000 Euro. Mitglieder der Fachjury waren die Kulturmanagerin Almuth Fricke, die Kulturgeragogin Ramona Geßler, der Musikpädagoge Prof. Dr. Theo Hartogh, Prof. Dr. Ursula Lehr, Gerontologin und Ehrenvorsitzende der BAGSO, sowie Katrin Markus vom BAGSO-Vorstand.

Kriterien für die Vergabe des Preises waren:

1.    Aktive Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner
2.    Soweit möglich, Öffnung in die Stadteile
3.    Bewährtes und etabliertes Konzept
4.    Übertragbarkeit auch auf andere Einrichtungen
5.    Innovative Handhabung des Projekts

Mit dem GERAS-Preis 2019 hat die BAGSO zwei Initiativen ausgezeichnet, die mit kulturellen Angeboten neue Wege gehen. Geehrt wurden ein Altenpflegeheim aus Frankfurt am Main und das Theater Demenzionen aus Köln. Eine besondere Erwähnung erhielt ein inklusives Kunstvermittlungsprojekt aus Görlitz.
 

Das Justina von Cronstetten Stift in Frankfurt am Main unter Leitung von Michael Graber-Dünow beeindruckte die Jury mit seinem breiten und vielfältigen Kulturprogramm, mit dem sich das Haus seit vielen Jahren in den Stadtteil öffnet. Die Bewohnerinnen und Bewohner können nach ihren Interessen und Bedürfnissen aus diesem Programm auswählen und werden aktiv in die Programmgestaltung einbezogen. Neben verschiedenen regelmäßig stattfindenden Gruppenangeboten findet wöchentlich ein Ausflug statt, über dessen Ziel die Bewohnerinnen und Bewohner abstimmen können (z. B. Museumsbesuche, Kunstausstellungen oder Konzerte). Dazu kommen Sonderveranstaltungen unterschiedlichster Art, die im Stift stattfinden und zu dem die Bürgerinnen und Bürger aus der Nachbarschaft eingeladen sind. Das vielseitige Kulturangebot sorgt damit für die Stärkung sozialer Kontakte und beugt Einsamkeit im Alter vor.

Das freie Theater Demenzionen der Theaterpädagogin und Regisseurin Jessica Höhn lädt mit interaktiven Theaterstücken und anderen Angeboten Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen ein mitzuspielen, mitzusingen und zu tanzen oder aber auch zu fühlen, riechen und zu schmecken. Mit seinen vielseitigen Formaten und Ansätzen beschreitet das Theater Demenzionen neue Wege zum Theater in Pflegeeinrichtungen. Ziel ist, mit den interaktiven Theaterstücken aus der Zeit der 1950er/1960er Jahre, kulturelle Teilhabe zu ermöglichen und ein Stück Lebensqualität zu Hochaltrigen und Menschen mit Demenz zu bringen. Das Theater zeigt seine Stücke daher in Einrichtungen in ganz Nordrhein-Westfalen.

Die Musikgeragogin Christiane Dumke und die Kunsttherapeutin Beate Wuigk-Adam ermöglichten mit dem Projekt "Da bin ich – Eine musikalische Reise durch die Bilderwelt Camaros" Menschen mit und ohne Demenz kulturelle Teilhabe im Schlesischen Museum Görlitz. Mit ihrer inklusiven Kunstvermittlung beschränkten sie sich nicht auf eine traditionelle Führung, sondern ließen die Besucherinnen und Besucher beim gemeinsamen Betrachten ausgewählter Bilder selbst künstlerisch aktiv werden und in einen Dialog über Erlebtes treten.